Dorothea Holloway ist gestorben. Sie hat zusammen mit ihren Mann Dr. Ron Holloway die Publikation KINO – German Film & International Reports gegründet, für die ich in den letzten Jahren viele Reviews geschrieben habe und mehrfach für der Berlinale akkreditiert war. Es war mir eine Ehre für Dorothea geschrieben zu haben. Machs gut.
Berlinalefieber
Es ist wieder einmal soweit. Die Berlinale steht vor der Tür. Vom 09.02. bis 19.02. werde hoffentlich wieder viel Zeit im Kino verbringen. Dieses Jahr allerdings unter etwas erschwerten Bedingungen, denn ich habe keine Akkreditierung bekommen. So muss ich mir die Tickets online oder an den Schaltern beschaffen. Ich habe allerdings auch keine Filmreview geschrieben oder mich sonstwie engagiert. Und es gibt auch derzeit keine Publikation für die ich was schreiben könnte. Vielleicht lohnt es sich ja diesem Blog hier eine neue Ausrichtung zu geben und den Fokus zukünftig nur noch auf Filme/Kino zu legen. Mal schauen.
Berlinale: bedeutungsschwangerer Wettbewerb
Die 66. Berlinale ist im vollen Gange. Menschen eilen von Kino zu Kino um nicht eine Sekunde der wichtigen, spannenden oder interessanten Filme zu verpassen. Das Motto des diesjährigen Festivals ist “das Recht auf Glück”. Im Kleinen erfährt das ja der/die ein oder andere schon, wenn die ersehnte Kinokarte für den Wunschfilm noch verfügbar ist. Auf der Leinwand indess werden brennende politische und gesellschaftliche Fragen, die im Zusammenhang mit dem Motto stehen, gewälzt.
© Berlinale
Ein Film, der viele be- und gerührt hat, ist die italienische Dokumentation ‘Fuocoammare’ (Fire at the sea) von Regisseur Gianfranco Rosi. Das Meer brennt – seit einiger Zeit schon ist die Mittelmeerinsel Lampedusa der Inbegriff einer verfehlten europäischen Flüchtlingspolitik. Unter widrigen Umständen, in überfüllten Booten machen sich verzweifelte Menschen Tag für Tag auf den Weg nach Europa mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Rosi findet für die Darstellung des eigentlich Unfassbaren einprägsame Bilder. Wir beobachten eine Rettungsaktion: Auf dem Flüchtlingsboot überall dehydrierte, geschwächte Menschen, unter Deck dann viele Tote. Im Kontrast dazu werde immer wieder Szenen vom alltäglichen Leben der Lampedusa-Bewohner gezeigt. Exemplarisch hierfür steht Samuele, der zur Schule geht, Hausaufgaben macht, mit Freunden spielt. In seiner Realität kommen Geflüchtete einfach nicht vor, so scheint es. An der Figur Samuele verdichtet Rosi schließlich auch seine Europakritik. Als dieser zum Arzt kommt und über Atemnot wegen Angstzuständen klagt. Ein ganz und gar entlarvende Metapher für Europas derzeitigen inneren Zustand.
Rosi stellt immer wieder die beiden Wirklichkeitssphären gegenüber um eine hohen Grad an Erschütterung beim Zuschauer zu erreichen. Und der Film verfehlt seine Wirkung nicht. Rosi zeigt einen unkommentierten Ist-Zustand der Lage auf Lampedusa. Dieser Punkt brachte dem Regisseur einiges an berechtigter Kritik ein. Trotzdem ist ‘Fuocoammare’ bis jetzt einer der besten Filme im Wettbewerb.
© Friede Clausz
Der einzige deutsche Wettbewerbsbeitrag ‘24 Wochen’ brachte nahezu den gesamten Kinosaal zum Schluchzen. Regisseurin Anne Zohra Berrached ist nach ihrem ersten Spielfilm ‘Zwei Mütter’, den sie 2013 in der Perspektive Deutsches Kino präsentieren durfte nun mit ‘24 Wochen’ im Wettbewerb vertreten. Es geht um Astrid (Julia Jentsch), eine erfolgreiche Comedian. Sie ist zum wiederholten Mal schwanger und freut sich mit Freund und Manager Markus (Bjarne Mädel) schon sehr auf das Baby. Nach einer Schwangerschaftsuntersuchung bekommen sie die Nachricht, dass das Kind nicht gesund auf Welt kommen wird. Der Arzt legt einen Schwangerschaftsabbruch, auch Spätabbruch genannt, nahe. Aber Astrid und Markus wollen die sich der Herausforderung stellen. Doch dann stellen Ärzte eine Herzfehler beim Ungeborenen fest…
Berrached ist ein sehr intensiver und aufwühlender Film gelungen. Nah dran ist die Kamera wenn Astrid mit sich und Freund Markus um eine Entscheidung ringt. Fernab jedes Klischees und mit großem Einfühlungsvermögen wird ihre Geschichte bis zur entgültigen Entscheidung erzählt. Dank des exzellenten Drehbuchs von Carl Gerber, der ein feines Gespür für nuancierte Charakterzeichnungen und Storywendungen hat, kann sich der Zuschauer der Wucht des Films nicht mehr entziehen. Später bei der Pressekonferenz konnte sich das gesamte Filmteam viel Lob abholen, allen voran die großartige Regisseurin Anne Zohra Berrached.
berlinale tag 3/4 filme filme filme
in den letzten 2 tagen habe ich 8 filme geschaut. das ist selbst für meine verhältnisse sehr viel. dazwischen besuchte ich noch bei diversen pressekonferenzen. aber naja, außer dem überlichen alles war toll blah blah kam nicht viel interessantes. ist ja auch hinlänglich bekannt.
ein kleines hightlight meiner berlinale gab es auch: der market besuch im gropius bau. ich ging durch die hallen und schaue bei fast jedem aussteller mal vorbei. es ist schon großartig zu sehen was für ein wust an filmen, ja anders kann man dies nicht ausdrücken, angeboten wird. einfach überwältigend! schnell kam ich mir absolut verloren vor zwischen animes, animationsfilmen, horror usw. aber gleichzeitig übte dieser ort auch eine unglaubliche faszination aus. zu wissen was in den nächsten jahren ins kino kommen wird, ist schon sehr verlockend und ich tagträumte kurz, wie es wohl wäre filmeinkäuferin zu sein. hach.
doch zurück zum filmischen ernst des lebens. die filmguckausbeute der letzten beiden tage: inxacul, journal d’une femme de chambre, victoria, love & mercy, 54: the directors cut, mr. holmes, el boton de nacar und woman in gold.
positiv überascht war ich von:
inxacul – athentische schilderung von gesellschaftlichen problemen indigener frauen,
love & mercy – stimmiges proträt über brian wilsion mit einem großartigen paul dano als junger brian wilson
54: the directors cut – opulentes discogemälde mit ryan phillippe und mike meyers als exaltiertem clubbesitzer
mr. holmes – der große detectiv ist alt geworden und kämpft gegen einsamkeit und das alter sir ian mckellen ist toll.
el boton de nacar – über gewalt an chilenen z.b. unter pinochet erzählt durch bezugnahme auf wasser. philosophisch und eindringlich. vll nicht für jeden leicht zugänglich.
über alles andere hülle ich den mantel des schweigens.
berlinale tag 1/2 kalt und heiss
aloha, seit dem 5. feburar hat das rennen um den goldenen bären wieder begonnen. aber irgendwie bin ich diesemal nicht so ‚drin‘ im berlinale fieber wie zb. letztes jahr. keine ahnung warum.
jedenfalls habe ich es geschafft mir den bagde und eine formschöne 100%ige berlinale jutetasche zu hole. und dann ging es auch schon los mit der vorstellung der internationalen jury unter dem vorsitz von regisseur darren aronofsky. wie immer kann die geneigt leserschaft auf meinem instagram account auch visuelle impressionen der berlinale anschauen.
dann stand auch schon der eröffungsfilm auf dem programm ’nobody wants the night‘ von isabel coixet mit juliette binoche und rinko kikuchi in den hauptrollen. josephine peary (juliette binoche) ist auf der suche nach ihrem mann, einem polarforscher, und von dem schon sehr lange lebenszeichen mehr zu ihr drang. sie dem führer bram (gabriel byrne) und einigen inuit (die komischerweise fasst alle von japanern dargestellt werden) bricht sie ins ewige eis auf. nachdem bram ins eiskalte wasser eingebrochen ist, stirbt er bald an unterkühlung. josephine muss mit den inuit alleine weiter bis sie die letzte station pearys erreichen, bevor dieser aufbrach den nordpol zu entdecken. dort trifft sie auf alaka (rinko kikuchi), die ebenfalls auf pearys rückkehr wartet. im zuge des einsetzenden winters und der dunkelheit verschiebt sich der fokus vom warten auf den mann hin zur sicherung des eigenen überlebens.
coixet zeigt, wenn frau sich zu sehr auf den mann fokusiert, sie am ende auf der strecke bleibt. und das aufopferung auch unter frauen nichts bringt. es sind düstere mechanismen, die sie im menschlichen zusammenleben aufzeigt, so düster und dunkel und kalt wie die polarnacht. so die bittere botschaft. leider ist das überbringen der botschaft in form des films vollständig misslungen. es fehlt an authentizität, oft wirkt alles so leblos, auch wenn etreme nahaufnahmen das gegenteil bewirken sollen. überdeutliche metaphern werden bemüt. prätentiöse sätze dem publikum aufgesagt. das alles will nicht zusammenpassen. schade.
ein erster lichtblick war heute früh der film ‚taxi‘ vom iranischem regisseur jafar panahi, der in seiner heimat mit einem berufsverbot belegt wurde. um dieses zu entgehen, mimt er den taxifahrer, der ‚zufällig‘ seine fahrgäste mit einer cam aufnimmt. in einer mischung aus dokumentation und scripted reality verdichtet er das leben und die probleme der iranischen bevölkerung auf ca 90 min film. da geht es in kontroverser diskussion um das thema todestrafe. die stellung der frau wird ebenso beleuchtet. die ganze absurdität seines berufsverbotes wird nocheinmal aufgezeigt als seine nichte die zensurregeln für filme vorliest, die sie in der schule diktiert bekommen hat (sie soll für ein schulprojekt selbst einen kurzen film drehen). ‚taxi‘ ist dabei äußerst amüsant, charmant und hochpolitisch. ein film der mit wenigen mitteln mehr ausdrückt als so manche hochglanzproduktion. toll.
der zweite film, den ich heute sah war ’45 years‘ von andrew haigh. kurz vor ihrem 45. hochzeitstag geraten kate (charlotte rampling) und geoff(tom courtenay) in eine emotionlae krise. ein brief der von einer frau aus geoffs vergangenheit berichtet ist der grund dafür. eine woche lang werden die hochs und tiefs des ehepaars beleuchtet. durch die teilung in einzelne wochentage erscheint dieser prozess schon fast episodenhaft. ein kammerspielartiges filmstück mit gutem drehbuch, auf hohen schauspielerischen niveau.
außerdem war ich heute noch bei der pk zu ‚queen of the desert‘ werner herzogs wettbewerbsbeitrag. es ist immer so schön wenn werner herzog etwas erzählt. angesichts der doch eher ernüchternden meinung nach dem film (den ich nicht sah, sonst wäre ich ob des andrangs nicht in die pk reingekommen) bin ich der meinung w. herzog sollte nur doch dokus machen und die auch selbst einsprechen.
morgen geht es weiter mit 5! filmen. mal schauen ob ich das durchhalte.
Filmblog-Adventskalender: No. 9 Taxi Driver
Alexander Matzkeit hat auch in diesem Jahr wieder einen Filmblog-Adventskalender organisiert. Zum erstem Mal habe ich mit gemeldet um daran teilzunehmen. Außderdem ist diese tolle Aktion ein schöner Anlass mal wieder etwas auf meinem Blog zu veröffentlichen, das ich schon seit längerer Zeit vernachlässige.
Als Geschenkempfehlung habe ich mit ein Buch heraus gesucht. Mein bester Freund hat es mir vor ca. 1,5 Jahren zum Geburtstag geschenkt und ich hab mich wirklich sehr darüber gefreut. Es ist ein Bildband über den Film Taxi Driver (1976) von Martin Scorsese. Dieser Film ist mein absoluter Lieblingsfilm, den ich bestimmt schon 30 Mal gesehen habe. Die Story vom nihilistischen Einzelgänger Travis Bickle, der quasi durch seinen Amoklauf zum Helden stilisiert wird, hat mich schon bei meiner ersten Sichtung fasziniert. Dieses trostlose Bild des Amerikas nach Vietnam fand ich sehr beeindruckend. Daraus resultierend wurde meine Liebe zu den New Hollywood Filmen geweckt.
Taxi Driver ist ein Bildband von Paul Duncan (Hrsg.) mit den großartigen Fotos von Steve Schapiro und im März 2013 erschienen. Schapiro hat die Dreharbeiten begleitet und mit der Kamera festgehalten. Im Buch werden über 100, teils unbekannte, Fotos präsentiert, die alle am Set von Taxi Driver entstanden. Tolle Aufnahmen von Robert DeNiro als Travis Bickle und Jodie Foster, als minderjährige Prostituierte Iris, sind dabei. Wir sehen Martin Scorsese wie er Regieanweisungen gibt und Harvey Keitel als Iris‘ windigen Zuhälter. Natürlich darf auch Cybill Shepherd als Betsy, Travis‘ unerfüllte Liebe, nicht fehlen. Neben vielen Fotos sind auch einige Texte, sowie Interviews, im Buch zu finden, die Wissenswertes über Dreharbeiten und Schauspieler erzählen.
Die Stimmung des Films wird perfekt eingefangen. So macht es viel Spass beim Blättern durch das Buch Taxi Driver noch einmal nach zu erleben.
(Coverfoto: Taschen)
berlinale 9/10 – over and out
die erkältung hatte mich fest im griff aber ich beschloss auch die letzten zwei tage meines berlinale guckprogrammes durchzuhalten. weil ich es konnte! am freitag habe ich dann einen tag, im märchenland bzw. mit fantastischen geschichten zusammengestellt. bin ich vom täglichen wettbewerbsprogramm (3 filme) abgewichen und habe zwei animationsfilme aus der generationsektion geschaut. zuerst gab es ‚johann und der federkönig‘. der kleines hase johann begibt sich auf die suche nach seiner mutter, die der federkönig zu sich genommen hat. ein fast schon zu ernster film für die kplus sektion, der sich fantasievoll damit beschäftigt, was denn passiert mit denen die zurückbleiben, wenn eine geliebte person gestorben ist. wie umgehen mit dem schmerz, der sehnsucht und der erinnung? ein schöner und hoffnungsvoller, aber auch stellenweise sehr trauriger film.
‚jack und das kuckucksuhrherz‘ war der zweite animationsfilm am freitag. der junge jack wird in einer so kalten winternacht geboren, dass sein herz erfrohren ist. um ihn zu retten, ersetzt eine verrückte hebamme das kalte herz durch eine kuckucksuhr. allerdings muss er einige regeln beachten, damit sein neues herz nicht aus dem takt kommt. natürlich geschied genau das gegenteil…
mit vielen gesangseinlagen erzählt ‚jack und das kuckucksherz‘ eine melancholisches geschichte über liebe, tod und einsamkeit. ganz kleine kinder werden nicht viel anfangen können mit dem film. er ist schon stellen weise recht düster. ältere kinder und erwachsene werden ihre freude daran haben. ich mochte den look des films besonders.
zwischen beiden filmen habe ich mir einen wettbewerbsfilm angeschaut ‚la belle et la bete‘. die geschichte von der schönen und dem biest wurde schon oft verfilmt – großartig die version von jean cocteau oder auch die von disney. die verfilmung von christophe gans besticht durch eine opulente optik, großartige bilder und traumhaft schöne kulissen werden gezeigt. allerdings versagt der film ganz und gar auf der darstellerischen ebene. zu keiner zeit nimmt man den hauptcharakteren ihre rolle ab. so wirken sie eher wie fremdkörper in dieser träumerischen und märchenhaften kulisse. schade.
tag 10 der letzte tag meiner berlinale. ich habe mich mit letzten kräften noch einmal ins kino geschleppt und drei filme geschaut. ich habe noch zwei wettbewerbsfilme nachgeholt und ‚das finstere tal‘ geschaut.
zuerst zum wettbewerb: der erste film am frühen morgen war ‚macondo‘ über einen tscherschenischen jungen ramasan der in einer siedlung lebt, in der flüchtlinge aus aller welt wohnen, mit seiner mutter und 2 schwestern lebt. sein vater ist im krieg gefallen. als isa, ein freund seines vaters auftaucht, gerät seine welt aus den fugen… die geschichte wird aus der sicht des 11 jährigen ramasan erzählt. wir tauchen in seine welt, die oft nicht weiter reicht wir der block in dem er lebt. er trägt verantwortung für seine schwestern, während seine mutter arbeiten geht, oder er hilft seiner mutter mit der mitarbeiterin der asylbehörde zu kommunizieren. macondo ist ein interessanter deskriptiver und wertneutraler beitrag über das leben in einem flüchtlingsheim.
mein highlight des tages war ‚chiisai ouchi‘ aus japan. in rückblenden wird die geschichte des dienstmädchens taki erzählt, das wie die hausherrin tokiko sehr angetan vom jungen arbeitskollegen des hausherrn ist. der ort der geschehnisse ist bis auf wenige aussnahmen ein kleines haus mit roten dach. wir nehmen einblick in das zusammenleben der protagonisten vor dem hintergrund des japan-china konfliktes und des 2. weltkrieges. die subtile erzählweise gespicht mit kurzen humorvollen einlagen lässt den film, mit all seiner tragik über unerfüllte liebe, sympathisch und auch heiter erscheinen. am ende flossen trotzdem einige tränen im zuschauerraum. ich habe das beobachtet.
der letzte film meiner diesjährigen berlinale war der rachewestern ‚das finstere tal‘. in einem abgelegenen bergdorf in den alpen spielen sich finstere dinge ab. als plötzlich ein fremde in das dorf kommt eskaliert die situation. beim anblick der schneebedeckten landschaft denke ich natürlich gleich an ‚leichen pflastern seinen weg‘ und wirklich leichen gibt es eine menge. regisseur prochaska hat einen waschechten western geschaffen serh stilisiert und ohne schnörkel. besonders gut hat mir dazu der soundtrack gefallen, der diese ‚es liegt was in der luft‘ spannung toll unterstreicht. für mich ein sehr gelungener abschluss des festivals.
und hier noch meine top 5 filme:
1. boyhood
2. zeit der kannibalen
3. das finstere tal
4. ’71
5. snowpiercer
berlinale tag8 – the winner is boyhood
heute früh hab ich mich im fieberwahn ins kino geschleppt. aber es hat sich gelohnt. es gab zwei wettebewerbsfilme zu schauen, die annehmbar und sehr gut waren. doch der reihe nach.
quasi mitten in der nacht, aslo 8:30 uhr wurde der chinesische film Wu Ren Qu (’no mans land‘) kredenzt, der westernartig daher kommt. ein schnösliger anwalt macht sich auf den weg zu einem prozess und muss dabei eine trockenen und staubige einöde durchqueren. unterwegs machen den überheblichen juristen die lokalen gangster das leben schwer.
felsen, wüstensand, hitze, schwere stiefel auf asphalt und einen typische western melodie mit gitarre und trompete. schon ist der zuschauer mittendrin in einer kargen ödnis, in der das recht des stärkeren zählt. der jurist, der zu beginn noch glaubt alles irgendwie mit geld regeln zu können, sieht früher oder später ein das es manchmal einfach effektiver ist einen lkw oder menschen anzuzünden. rustikal geht es zu, da werden menschen erschossen oder niedergeschlagen, autos verkeilen sich ineinander. derjenige welcher die besten waffen und die besten connections hat in dieser verlassenenen gegend ist im vorteil. das ist zwar gegen ende hin ermüdend wenn eben jene botschaft redundant erzählt wird. trotzdem ein recht unterhaltsamer beitrag.
und dann kam boyhood von richard linklater. ein projekt, dass sich mittlerweile über 12 jahre erstreckt. seit 2002 versammelt der regisseur immer die gleichen darsteller vor der kamera um deren entwicklung über einen längeren zeitraum zu verfolgen. das vorläufige endergebnis gab es heute zu bestaunen. wir begleiten den 6 jährigen mason (ellar coltrane), seine schwester sam (lorelei linklater) durch ihre kindheit bis hin zum college. ihre mutter olivia (großartig particia arquette) hat in liebesdingen nicht immer das richige händchen, mehrere scheidungen ist das indiz dafür. mit viel liebe und hingabe erzieht sie die beiden kinder größten teils allein. der vater ihrer kinder (ethan hawke) speilt auch nach der scheidung noch eine bedeutende rolle im leben der kinder.
linklater schafft ein authentisches und in sich stimmiges bild vom erwachsen werden. es gibt keinen masterplan, keine blaupause dafür, was der perfekte weg ist aufzuwachsen. mason, auf dem hier der fokus liegt, soll,kann muss sich ausprbieren um seinen weg ins erwachsenen leben zu finden. das ist wunderbar leichtfüssig erzählt. danke mr. linklater für diesen super wettbewerbsbeitrag.
zum schluss des heutigen tages habe ich mir noch ‚what we do in the shadows‘ aus der generation sektion angeschaut. die liebenswerte mockumentary über vampire, die im neuseeländischen wellington blutsaugen, ist orginell erzählt und hat viele sympathische figuren zu bieten. ich habe mich köstlich unterhalten. und das wirklich sehr nette q & a im anschluss mit dem cast war der abschluss einen perfekten kinotages auf der berlinale.
p.s. ich erfuhr erst heute!!!! dass ich mit dem pressebadge auch auf den market kann. ich bin empört! wieso sagt man mir das nicht früher. buhu
berlinale tag7 – hilfe, ich werde krank
die berlinale hat ein opfer gefordert – meine gesundheit. ich habe schlafentzug und halsweh. ich habe mich aber heute trotzdem tapfer in drei filme begeben: wieder alle aus der wettbewerbssektion. amfrühen morgen ging es los mit der argentinisch-deutsch-niederländischen coproduktion ‚la tercera orilla‘ in der ein sohn am patriarchalen druck seines vater zerbricht. irgendwie will die story nicht sorecht zünden. zu lasch kamm mir das wiederholten nachfragen des vaters richtung seinens sohnes, bzgl. freundin vor. als ältestes kind soll der sohna auch die verantwortung für die ranch des vaters übernehmen,der bald in den urlaubfährt. offenbar ist ist das zuviel für den sohn und es kommt zur katastrophe. der sohn reagiert die meiste zeit nur. nie weiss der zuschauer wirklich was in ihm vorgeht. der vater versucht sich zwar schon um die familie zu kümmern, ersetzt aber oft liebe durch großzügige geldgaben. dies mag auch ein grund für das eher distanzierte verhältnis von vater und sohn sein. mir kam die reaktion des sohnes etwas unglaubwürdig vor.
dann folgte ‚aloft‘ von der regisseurin claudia llosa, die schon einmal einen goldenen bären für das drama ‚La teta asustada‘ gewinnen konnte. Die zweifache mutter nana (jennifer connelly) erfährt durch zufall, dass sie die gabe besitzt menschen zu heilen. jedoch vermag sie den eigenen sohn gully, der an einem tumor leidet nicht zu heilen, er kommt vorher bei einem unfall ums leben. dieser unfall entzweit die familie. erst jahre später gibt es zwischen sohn ivan und nana ein wiedersehen… in rückblenden, die sich dem zuschauer nicht sofort als solche erschliessen, wird die geschichte erzählt, zugegeben in schönen swchneelastigen bildern. allerdings wirkt vieles zu bemüht wie die eingangszene in der ein ferkel gebohren wird und gleich danach hat nana sex mit ihrem geliebten im stall. der film strotz vor hobbypsycholgischen metaphern und verliert sich am ende entglültig in esoterikkitsch.
zum schluss gab es noch Bai Ri Yan Huo (Black Coal, Thin Ice). 1999 geschehen in einer chinesischen stadt mysteriöse morde. leichenteile werden über mehrere kohleminen verstreut gefunden. die festnahme der mutmaßlichen mörder wird zur farce. zwei polizisten sterben und kommissar zhang wird suspendiert. jahre später nimmt zhang auf eigene faust die ermitllungen wieder auf. die opfer stehen alle in verbindung zu einer frau, die in einer reinigung arbeitet. zhang nimt kontakt zu ihr auf…
in stile einer klassischen detektivgeschichte mit film noir elementen kommt black coal, thin ice daher. leider gibt es im film zu oft szenen in denen eine bemühte kauzigkeit der charaktere für absurden humor sorgen soll. das funktioniert nicht immer. punkten kann der film sicherlich mit der inszenierung. trotzdem kein besonders starker wettbewerbsbeitrag.
berlinale tag6 – leere und langweile
der 6. tag – ein tag der enttäuschung und verärgerung über die beiträge im berlinale wettbewerb. doch der reihe nach am morgen gab es ‚zwischen welten‘ von regisseurin feo aladag. ISAF-Soldat jesper (ronald zehrfeld) hat seinen bruder in afghanistan verloren. trotzem meldet er sich wieder für einen einsatz in diesem land. er soll mit seiner einheit ein dorf vor den taliban schützen. es gibt nicht nur sprachliche sondern auch kulturelle unterschiede zu überwinden. aladag behandelt u.a. die frage inwieweit humanitäres handeln in einem system der militärbürokratie überhaupt möglich ist. was bleibt im kriegsalltag von den idealen der menschenwürde übrig?
‚zwischen welten‘ ist voller wichtiger themen, die in der täglichen nachrichtenlage kaum besprochen werden. wie leben denn die soldaten in ihren auslandseinsätzen? wie kommen sie mit der permantenten gefahr für leib und leben zurecht? das ist der große pluspunkt des films. leider ist die umsetzung wenig originell und spanned geraten, sondern eher verkrampft und klischeehaft. trotzdem ist zwischen welten‘ der beste film des heutigen tages für mich. unverständlich indes sind mir die buh-rufe einiger journalisten heute morgen.
über die beiden anderen beiträge möchte ich lieber nicht so viel sagen, weil ich mich sonst nur wieder empöre ‚praia do futuro‘ von karim ainouz und ‚to mikro psari‘ von yannis economides bestechen durch gähnende langweile und end- und sinnlose einstellungen. das ist zermürbend, zäh und quälend. wer wenig zu erzählen hat, soll es kurz machen und nicht 2-stünidge filme daraus machen. beiden beiträgen hätte eine kürzung um mind. einen halbe stunde gut getan. schrecklich.
ich hoffe auf bessere film. morgen dann.